Champions League 2000

Der Trainer Zoltán Kásás, Becejs Mann am Beckenrand

Mladost Zagreb - WF Spandau 04

VON DR. GÜNTER SCHWILL


VK Becej zählt seit Jahren zu den besten europäischen Vereinsmannschaften im Wasserball. Vor dem Aufeinandertreffen WF Spandau 04 - VK Becej in der Champions League soll Trainer Zoltán Kásás vorgestellt werden, der zu Beginn der Saison vom jugoslawischen Spitzenclub engagiert wurde. Der Auftrag ist klar: Das Europa-Championat.

Im ersten Moment verwundert es, dass ein ungarischer Trainer den jugoslawischen Meisterclub Becej trainiert. Doch ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass die Vojvodina mit Becej altes Siedlungsland der Ungarn war und erst die geographische Neuordnung Europas nach dem I.Weltkrieg diesen ungarischen Landesteil der Neugründung Jugoslawiens zuschlug. Heute noch leben schätzungsweise 40.000 Ungarn in den Niederungen der Theiss.
So ist zu verstehen, dass neben den zwei ungarischen Nationalspielern Balazs Vincze und Laslo Toth auch der Trainer Ungar ist. Es ist Zoltán Kásás, 53 Jahre alt, aus Budapest, inzwischen ein Weltbürger.
Sein Alter sieht man ihm nicht an, 10 Jahre könnte man leicht abziehen. Kásás ist schlank und wirkt dadurch jugendlich. Er ist kein Mann grosser Worte, eher etwas verschlossen. Aber seine Kommandos im Training wie im Spiel sind präzis und dulden keinen Widerspruch.
Früher war Zoltán Kásás Spieler beim ungarischen Renommierclub Ferencvaros. Von dort fand er seinen Weg in die Nationalmannschaft, für die er über 100 Länderspiele bestritt. Seine erfolgreichsten Jahre lagen zwischen 1972 und 1974. Bei den olympischen Spielen 1972 in München gewann er mit Ungarn die Silbermedaille, nur das unerwartete 3:3-Unentschieden gegen Deutschland im Auftaktspiel verdarb den Ungarn den Olympiasieg (Punktgleichheit mit der UdSSR). Die Goldmedaille wurde aber dann im nächsten Jahr 1973 in Belgrad bei der 1.Weltmeisterschaft geholt und auch im Jahr darauf 1974 bei der Europameisterschaft in Wien triumphierte Ungarn erneut.
1976, als sein heutiger Tainer-Gegenüber Peter Röhle seine internationale Karriere mit den Olympischen Spielen in Montreal begann, wechselte Kásás bereits in Trainerfach. Er startete in Tatabanya in seiner Heimat Ungarn. Zwei wichtige Auslandsjahre in Queensland/Australien formten Kásás dann zu einer internationalen Trainergrösse, zu der auch Sprachkenntnisse hilfreich sind.
Bald suchte der ungarische Verband seine Dienste. In Berlin trat Kásás 1989 als Trainer der Nationalmannschaft beim 6. World-Cup auf, zusammen mit seinem früheren Mannschaftskameraden Dr. Janós Steinmetz als Co-Trainer. Ungarn gewann Bronze. Als aber wenige Monate später bei der EM in Bonn den Ungarn kein Medaillenrang gelang, war die nationale Herrlichkeit schnell vorüber. Die ungarische Öffentlichkeit erwartet Erfolge in ihrem Nationalsport Nr.1. Ohne diese ist ein Trainer nicht zu halten.
Für Zoltán Kásás folgten nun diverse Trainerstationen im In- und Ausland: bei Ferencvaros und Szeged, bei Jadran Split und auf Sizilien.
Seit der EM 1997 in Sevilla fiel schlagartig der Lichtkegel der Öffentlichkeit auf die Familie Kásás. Fast im Alleingang hatte Sohn Tamas mit seinen drei Toren im Finale beim 3:2 gegen Jugoslawien den Europameistertitel nach langen Jahren wieder nach Ungarn geholt. Die internationalen Angebote blieben nicht aus, Tamas Kásás entschied sich für Posillipo. Inzwischen steht dort nach der erfolgreichen ungarischen EM-Titelverteidigung von Florenz auch Barnabas Steinmetz unter Vertrag. Motto: Wie die Väter, so die Söhne! Die Frage an den Trainer, seinen Sohn im nächsten Jahr nach Becej zu holen, liess Zoltán Kásás bis heute unbeantwortet. Er kennt das Trainerlos mit Glück und Leid zur Genüge.

(25.02.2000)


Startseite News