Haie und Hechte im Swimmingpool
Ein Rückblick anlässlich der 28. Deutschen C-Jugendmeisterschaft in Berlin

VON DR. GÜNTER SCHWILL


Bevor jetzt am Wochenende im Forumbad des Berliner Olympiastadions die 28. Deutsche C-Jugendmeisterschaft ausgetragen wird, soll noch einmal der Anfänge dieser Disziplin gedacht und Bilanz gezogen werden.

Je nach Kampfkraft und Wendigkeit erhielten die jungen 10-14jährigen Spieler die Bezeichnung Hai, Hecht oder Stichling. Das geschah vor etwa 30 Jahren, als der passionierte Angler und Meistertrainer von Poseidon Hamburg, der viel zu früh verstorbene Bernhard Biddrich, eine 70 Jungen umfassende Wasserballtruppe um sich scharte.
Ähnlich arbeiteten der Sportlehrer Dieter Kutschera in Esslingen und Trainer Klaus Ullrich in Würzburg. In Duisburg scharte Volker Ackermann talentierte Schüler um sich. Ihr aller Ziel war neben regionalen Titelkämpfen die Einführung einer Deutschen Meisterschaft, die auch 1970 in Übach-Palenberg aus der Taufe gehoben wurde. Den Teilnehmern angemessen erhielten die Titelkämpfe die Bezeichnung "Deutsche Schülermeisterschaft". Das Höchstalter war 14 Jahre, die Spieldauer wurde auf 4x4 Minuten begrenzt. Der erste Deutsche Meister hiess SSV Esslingen, er hatte das Endspiel gegen ASC Duisburg gewonnen.
In der DDR hatte die systematische Nachwuchsarbeit schon wesentlich früher eingesetzt. Bereits 1959 fand in Plauen im Vogtland die 1. Meisterschaft der "Knaben" für die gleiche Altersklasse bis 14 Jahre statt.

Bei der Meisterschaft 1974 in Hamm/Westfalen standen am Schluss des Vierer-Turniers drei Mannschaften punktgleich. Entscheidungsspiele wurden angesetzt. Trotz der vier an einem Tag absolvierten Spiele zeigte Poseidon Hamburg auch am Ende noch eine Top-Kondition und sicherte sich den Titel. Der DSV wurde hierdurch ermutigt und führte für 1976 eine Sechser-Endrunde ein, so wie sie auch gegenwärtig gespielt wird.

"Ete" Rademacher als Ehrengast

Diese Meisterschaft fand in Berlin statt. Wenige Monate zuvor war durch Fusion der neue Berliner Grossverein "Wasserfreunde Spandau 04" gegründet worden, eine neue Ära sollte beginnen.
Unter den Trainern Jürgen Purschke und Gerhard Thiedke kämpften die Spandauer "Schüler" bravourös, kamen ungeschlagen ins Finale gegen den Vorjahresmeister Poseidon Köln, führten auch bereits 3:2, ehe sie durch zwei Strafwurf-Entscheidungen des Schiedsrichters Jörg Wörner (Schorndorf) 3:4 verloren.
Zur Siegerehrung hatte Spandau als Ehrengast Deutschlands Schwimm- und Wasserballidol Erich "Ete" Rademacher eingeladen. Seine drei mitgebrachten Olympiamedaillen, davon eine goldene im Wasserball aus Amsterdam, interessierte die Jugend sehr. Bei der Siegerehrung spendete er manch anerkennendes und lobendes Wort, an das sich die Spandauer Frank Kison und Hans-Jörg Otte gern erinnert haben. Der beste Torjäger dieser Meisterschaft aber kam mit Dirk Severin aus Köln. Ebenfalls dabei Peter Kilz, Teamchef der Kölner, der auch in der Freude still und beherrscht blieb.

Über 4x5 Minuten Spielzeit wurde 1992 das Spiel sogar auf 4x7 Minuten verlängert. Diesen DSV-Beschluss hatte Alfred Witzke, jetzt Turnierleiter in Berlin, damals als Trainer von Bayer 08 Uerdingen viel zu spät mitbekommen. Entsprechend sein Ärger: "Die hierfür Verantwortlichen des DSV möchte ich mal 4x7 Minuten gegeneinander spielen lassen. Sicherlich kann ich dann gleich zur Ansetzung einen Krankenwagen mit ins Bad bestellen!"

17 Endrunden für Spandau - 13 für Uerdingen

Mit 17 Endrunden-Teilnahmen sind die WF Spandau 04 deutscher Rekordhalter. Dabei gab es drei Titel (Trainer Gerhard Thiedke und 2x Jürgen Purschke), sieben Silber- und zwei Bronzemedaillen. Ebenfalls sehr erfolgreich ist Bayer 08 Uerdingen mit 13 Endrunden seit 1982. Dabei gab es ebenfalls drei Titel, zweimal Silber und einmal Bronze. Der Verein des Bayer-Konzerns zählt zweifellos zu den Clubs mit der besten Nachwuchsarbeit in Deutschland. Ein Wasserball-Traditionsverein ist Rote Erde Hamm, jetzt zum 11.Mal bei einer Endrunde mit der C-Jugend dabei. Ein Titel, drei Silber- und zwei Bronzemedaillen waren die bisherige Ausbeute. Der zweite Berliner Endrundenteilnehmer ist die SG Neukölln. Hier erzielten die Gründungsvereine Schwimm-Club und Schwimm-Union bisher eine Meisterschaft und eine Vizemeisterschaft. Zum 8.Mal sind die Neuköllner bei einer Endrunde vertreten. Neulinge im Sechserfeld der C-Jugend sind dagegen Südmeister SC Neustadt/Weinstrasse und SC Magdeburg. Die Magdeburger, Nachfolger der SG Dynamo, blicken jedoch auf eine überaus erfolgreiche Zeit in der DDR zurück. Bei den zwischen 1959 und 1990 stattgefundenen 32 Titelkämpfen der Knaben sicherten sich die Magdeburger 10 Titel und sind damit erfolgreicher als der beste westdeutsche Verein Duisburg 98 mit 7 Meisterschaften.

Von bisher 28 Titelkämpfen trifft sich die deutsche Wasserball-C-Jugend erst zum drittenmal in Berlin. Beim letzten Turnier 1995 an gleicher Stelle im Forumbad konnte WF Spandau 04 überlegen den Titel erobern. In diesem Jahr erwarten die Experten einen spannenden Verlauf, bei dem Überraschungen nicht ausbleiben werden. Dafür werden die Haie und Hechte ausgiebig sorgen.

(27.10.1999)


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