Uwe Gassmann

Uwe Gaßmann - in der letzten Besprechung vorm Europameistertitel 1989 in Bonn


Nun, o Unsterblichkeit, bist du ganz mein .....

Uwe Gaßmann wird Namenspatron für Spandauer Südbad

VON DR. GÜNTER SCHWILL


Das Spandauer Wasserball-Idol Uwe Gaßmann, einst Nationalspieler und Erfolgstrainer, erfährt posthum eine hohe Würdigung. Sportausschuss und Bezirksverordnetenversammlung in Spandau stimmten einem Antrag der Wasserfreunde Spandau 04 zu, das Kombibad in der Gatower Straße in Berlin-Spandau zukünftig "Uwe-Gaßmann-Bad" zu benennen.

Mit dieser sportpolitischen Entscheidung erfährt das Lebenswerk von Uwe Gaßmann, des mit 37 Jahren 1991 so früh Verstorbenen, eine bleibende Anerkennung. Die Familie Gaßmann und die Wasserfreunde Spandau 04 erfüllt diese Ehrung mit Stolz. Uwe Gaßmann selbst, der Studienrat aus Spandau, hätte bei dieser Auszeichnung auf die Grabinschrift des preussischen Dichters Heinrich von Kleist am Kleinen Wannsee in Berlin verwiesen: "Nun, o Unsterblichkeit, bist Du ganz mein!"

In eben dieser "Gatower Straße" hatte Gaßmanns sportlicher Werdegang als Spieler begonnen und hier leistete er auch sein Gesellenstück, als er 1986 in Zusammenarbeit mit dem Junioren-Bundestrainer Manfred Schuhmann (Würzburg) die deutsche Junioren-Nationalmannschaft zur Europameisterschaft führte. Sein Stolz waren drei aus seiner Jugend hervorgegangene Spieler: Carsten Kusch, heute Vizepräsident der WF Spandau 04, Stefan Pollmann, heute erfolgreicher Wirtschaftsfachmann in London und René Reimann, immer noch als Spitzenspieler aktiv, Kapitän der Nationalmannschaft, kurz vor seinen 4.Olympischen Spielen und seit einigen Jahren für Rote Erde Hamm im Wasser.

Sein Meisterstück folgte dann drei Jahre später, als Uwe Gaßmann als Bundestrainer 1989 in Bonn die Männer-Europameisterschaft für Deutschland sicherte. In einem an Spannung kaum zu überbietenden Finale schaffte er es, die favorisierten Jugoslawen nach Verlängerung und Golden Goal zu bezwingen. War die deutsche Olympiamannschaft noch 1988 in Seoul gegen eben jene Jugoslawen im Halbfinale fast kläglich gescheitert, was eine Spielerrevolution gegen ihren Trainer Firoiu auslöste, so beflügelte Uwe Gaßmann als neuer Mann im DSV die wahren Fähigkeiten der Spieler, von denen drei stellvertretend für alle genannt werden sollen.
Hagen Stamm war auf der Centerposition im Mannkampf die Oberlippe gespalten worden. Er benötigte nur wenig mehr als die Viertelpause, um sich die Lippe nähen zu lassen. Roland Freund, jung approbierter Arzt, hatte seinen ersten wichtigen Einsatz am Beckenrand. Danach stürzte sich Hagen Stamm wieder ins Getümmel. Sein Beispiel an Einsatzwillen beflügelte Dirk Theismann, den Mann mit dem härtesten Schuss, einen fast hoffnungslosen Rückstand mit drei Distanzschüssen auszugleichen. Rainer Osselmann, früher in entscheidenden Spielsituationen nicht sehr glücklich, erlebte eine Sternstunde in diesem Finale. Sein Golden Goal verzückte Wasserball-Deutschland.
Doch was kaum jemand wusste, für den Erfolg musste ein hoher Tribut entrichtet werden. Uwe Gaßmann litt seit Monaten an einer schweren Erkrankung. Das Schicksal meinte es nicht mehr lange gut mit ihm. Im Januar 1991 schloss er, erst 37jährig, für immer die Augen.

Die Götter geben, die Götter nehmen

Uwe Gaßmann, geboren am 29.Juni 1953 in Spandau, war ein Riesentalent. Die Götter hatten ihr Füllhorn über ihm ausgeschüttet. Als 16jähriger holte er seine erste Berliner Jugend-Wasserballmeisterschaft. Unter der fachkundigen Leitung des gerade von den Olympischen Spielen in Mexiko zurückgekehrten Wolf-Rüdiger Schulz konnten sich die Spandauer Wasserfreunde zum ersten Mal in die Siegerliste eintragen. Alfred Balen, ebenfalls aus Mexiko gekommen, reklamierte das grosse Talent für sich und setzte den Jugendlichen bei "04" in der Bundesligamannschaft ein. Es folgten 45 Jugend/Junioren-Länderspiele für Deutschland, deren Höhepunkt die 4.Junioren-Europameisterschaft in Duisburg wurde, wo Gaßmann als bester deutscher Torjäger abschnitt. Seine Dynamik und sein Offensivgeist sicherten ihm noch im gleichen Jahr 1973 die Aufstellung in der A-Nationalmannschaft für die 1.Weltmeisterschaft in Belgrad. Auch hier zählte er zu den besten Torjägern.
So wie er im Wasser schnell und nicht zu halten war, so erwies er sich auch gegenüber dem Verbandstrainer und der Mannschaftsführung unbotmässig. Er war einfach nicht zu halten, wenn Kritik erforderlich war, und ein 11.Rang im Gesamtklassement sprach nicht gerade für eine überzeugende Stabsarbeit. So endete schon mit 20 Jahren eine hoffnungsvolle Länderspielkarriere mit "nur" 21 Einsätzen. Von jener Zeit an musste sich allerdings Honorartrainer Dr. Kozel herbe Kritik aus Berlin anhören.

Gaßmann spielte fortan nur noch für WF Spandau 04 in der Bundesliga. Nebenher betreute er als Jugend-Trainer die Spandauer A- und B-Jugend, mit der er zahlreiche Berliner, Norddeutsche und Deutsche Meisterschaften erkämpfte.
Als Spieler wirkte er entscheidend an den ersten Titeln seiner Spandauer Mannschaft 1979 und 1980 mit.
Der seit 1976 tätige Bundestrainer Firoiu konnte nach Gaßmanns grossen Leistungen im Europapokal nicht an einer Nominierung Gaßmanns für den Olympiakader 1980 vorbeigehen. Bereits beim ersten Auftreten im Landesmeister-Cup belegte Spandau Rang 3 in Europa hinter Vasas Budapest (mit dem legendären Tamás Farago und Dr. Csapo sowie Trainer Peter Rusoran) und Partizan Belgrad (u.a. mit dem späteren dreifachen Olympia-Goldtrainer Ratko Rudic). Der Olympia-Boykott durch die Politik liess für alle westdeutschen Sportler Sinnfragen einfach unbeantwortet. Ein Come-back, dazu noch für Olympia, blieb Gaßmanns unerfüllter Sportlertraum.

Im Dezember 1980 kam Gaßmanns Abschied aus der 1. Mannschaft. Beim Europacup-Finale in Dubrovnik gab es ein Wechselbad der Gefühle.Ein Sieg gegen Veranstalter Jug, eine deftige Niederlage gegen Vasas Budapest, dann wieder ein Sieg gegen die Griechen von Ethnikos. Am Ende Punktgleichheit mit Jug, doch den Cup durch die Tordifferenz verfehlt (die Regel des direkten Vergleichs gab es damals noch nicht!).

Das Falkenmotiv von Zürich

Nach Jahren der Jugendarbeit türmten sich ab 1985 Erfolge für Spandau auf, die es in dieser Intensität nie wieder gab. Als Co-Trainer bei Alfred Balen folgten auch für Gaßmann zwei Europacup-Siege und zwei Supercup-Gewinne. Dann das Falkenmotiv am 8.Dezember 1986 in Zürich: "König" Balen stürzte vom Thron, der junge Kronprinz Gaßmann wurde noch in derselben Nacht inthronisiert.
Der Triumph im Supercup gegen Mornar Split (Trainer Dragan Matutinovic) war gerade perfekt, da hechtete Cheftrainer Balen, wie immer bei vergleichbaren Anlässen, zu seinen Spielern ins Wasser. Als er den letzten umarnt hatte, kletterte er mühsam als Sterbender wieder an Land. Ein Hirnschlag hatte seinem Leben ein Ende gesetzt. Eine Stunde später war Balen klinisch tot.
Noch in derselben Nacht wurde in der Hotelbar des Hotels International in Zürich-Oerlikon der Nachfolger gekürt. Die Wahl fiel ganz klar auf den 33jährigen Studienrat. Die Veteranen Roland Freund und Thomas Loebb sagten für ein weiteres Jahr ihre Hilfe als Spieler zu.
Es gab einen Bruch 1987, obwohl Gaßmann die Meisterschaft errang und auch wieder ins Europacup-Finale einziehen konnte. Aber gegen Pescara, mit dem ewig jungen Manuel Estiarte, ging das Hinspiel verloren, beim Rückspiel in Berlin gelang nicht mehr als ein Unentschieden. Gaßmann verjüngte für das nächste Jahr und landete erneut den Cupgewinn, diesmal gegen Catalunya Barcelona.
1989 strahlte Gaßmanns Licht noch einmal gleissend hell, um danach zu erlöschen. Pokal, Meisterschaft, Erfolg als Nationaltrainer, Europacup-Finale gegen Mladost in zwei Traumbegegnungen, nach denen es keinen Verlierer hätte geben dürfen.
Uwe und Ehefrau Stephanie hatten ihre Freunde zu einem Dinner im "Grünen Baum" in Gatow geladen. Niemand ahnte, dass die Tage gezählt waren. Die Stimmung war herzlich und ausgelassen. Nach nur 1000 Tagen als Chefcoach von WF Spandau 04, mit einem Interludium Nationalmannschaft, endete wenig später menschlich und sportlich ein Höhenflug, dessen Schicksal durchaus antiker Dramaturgie vergleichbar ist.

Im Verein ist Uwe Gaßmann unvergessen. Seine Mannschaftskameraden spielen alljährlich im Januar (Todesmonat) ein nach ihm benanntes "Uwe-Gaßmann-Gedächtnisturnier". Die Erinnerung an ihn, dem viele so viel verdanken, bleibt auch damit gewahrt. Mit dem Namenspatronat für das Schwimmbad wird Uwe Gaßmann "unsterblich".

Die Marksteine


Uwe Gaßmann, geboren am 29.Juni 1953, gestorben am 10.Januar 1991.
Verein: Wasserfreunde Spandau 04
Erfolge als Spieler:
Deutscher Wasserballmeister und Deutscher Pokalsieger (je zweimal)
2x DSV-Supercup-Gewinner
21 facher A-Nationalspieler (Weltmeisterschaft 1973 in Belgrad)
45 facher Jugend/Junioren-Nationalspieler (Europameisterschaft 1973 in Duisburg)
Universiade 1977
Olympia-Kaderangehöriger für 1980
Erfolge als Trainer:
Jugend- und Herren (7 Deutsche Meisterschaften)
Nationaltrainer (Europameister 1989)
Mehrfacher Europacup-Sieger (3x)
Zweimal LEN-Supercup-Gewinner

Verheiratet mit Ehefrau Stephanie, zwei Töchter Marisa und Nadja.

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