Ungarn: Ferencvaros verplichtet Deszö Gyarmati als Trainer
VON DR. GÜNTER SCHWILL


Im Ungarn-Cup verloren, im Europa-Cup fast draußen - ein Doppelschlag gegen Ferncvaros Budapest, den renommierten Verein aus der Franzensstadt innerhalb nur weniger Tage. Jetzt gilt es, wenigstens die ungarische Meisterschaft zu erringen, dafür übernimmt ab sofort die Wasserball-Legende Dr. Deszö Gyarmati das Kommando. Trainer Lajos Vlad rückt ins zweite Glied.

Deszö Gyarmati ? Der Mann ist 71 Jahre alt - doch vital wie zu seinen besten Zeiten und Autorität, die vollen Einsatz fordert. Seit den 50iger Jahren bildet er mit Éva Székely, der berühmten Brustschwimmerin, ein schwimmsportliches Traumpaar. Auch Tochter Andrea gehörte zu den weltbesten Schwimmerinnen. Er selbst schrieb ein halbes Jahrhundert lang Wasserballgeschichte.

Schon 1948 stand er im ungarischen Olympiateam in London und gewann Silber. 3 Goldmedaillen folgten 1952 (Helsinki), 1956 (Melbourne) und 1964 (Tokyo), dazu eine weitere Bronzemedaille 1960 in Rom. Kein Wasserballspieler in der Welt hat diese Erfolgsbilanz bei fünf aufeinander folgenden Olympischen Spielen. Daß er neben vielen anderen Siegen auch noch zweimal Europameister wurde (1954 in Turin und 1962 in Leipzig), ist fast schon marginal.

Nach seiner Aktivenzeit arbeitete Gyarmati sehr erfolgreich als Trainer, im Verein und für den Verband. 1976 in Montreal siegte er wieder bei Olympia - als Trainer, zusammen mit seinem Freund Dr. Karpati als Co-Trainer. Ungarn erlebte damals eine Blütezeit. Namen wie Farago, Szivós, Sárosi, Horkai, Csapó, Sudár, Konrad, Gerendás, um nur einige zu nennen, bildeten fast allein das "All-Star-Team". Im nächsten Jahr - wie selbstverständlich - gab es Gold bei der Europameisterschaft in Jönköpping/Schweden. In Moskau 1980, in den von Deutschland boykottierten Olympischen Spielen, holte Ungarn unter seiner Führung Bronze.

Dann kam der Karriere-Knick. Auf dem sowjetischen Schwarzmarkt erworbene Ikonen wurden in seinem Gepäck gefunden. Gyarmati war politisch vor dem "großen Bruder" Sowjetunion nicht zu halten. Mit ihm ging auch das Glück. Olympische Medaillen wurden fortan von Ungarn nicht mehr gewonnen.

Nach dem politischen Tauwetter wurde Gyarmati rehabilitiert und ins Ministerium berufen. Seine unvergleichliche Ausstrahlung aber entfaltet sich erst am Beckenrand.
Nun greift Gyarmati, der vor Jahren auch bei Spandau im Gespräch war, wieder in das Geschehen ein - vorläufig bis zum Ende der Saison. Damit ist auch das Ende eines Jahrhunderts erreicht, dessen zweite Hälfte seine Ära war.
Viel Glück, Deszö Gyarmati !

(20.03.1999)


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