Titelvergabe in Kroatien

Rekordmeister Jug Dubrovnik gewinnt den Titel

VON DR. GÜNTER SCHWILL


Von einer Woge der Begeisterung und Sympathie durch etwa 6.000 Zuschauer getragen, wuchs Jug Dubrovnik im entscheidenden Meisterschaftsspiel gegen Splitska Banka über sich hinaus und sicherte sich mit 12:6 (4:4,2:0,3:1,3:1) zum ersten Mal seit Bestehen Kroatiens im Jahr 1991 den Landesmeistertitel. Das Hinspiel hatte Jug beim vorjährigen Europa-Champion aus Split am letzten Mittwoch 9:9 unentschieden gestaltet, so dass die für den Titel erforderlichen 3 Punkte schon im zweiten Spiel erreicht wurden.  
Der diesjährige LEN-Trophy-Sieger Jug Dubrovnik, mit 6 Nationalspielern für die Sydney-Auswahl das am besten besetzte kroatische Team, startete so recht nach dem Geschmack seiner vielen Anhänger. Schnell stand es 2:0 für die Gastgeber, doch Splitska Banka unter Trainer Dragan Matutinovic hielt das Spiel im torreichen ersten Viertel ausgeglichen, 4:4. In der 7.Minute wurde Torwart Sinisu Skolnekovic (Split), einer der weltbesten Torhüter, wegen heftigen Protestes mit Ersatz des Feldes verwiesen. Eine erhebliche Schwächung für Split! Das kam Alen Boskovic nur recht, der an diesem Tag in seinem Element war und allein 5 Treffer zum Erfolg von Jug beisteuerte. Ivanis traf zweimal, der ungarische Center Dr. Tamás Molnar einmal. Im Überzahlspiel waren beide Mannschaften etwa gleich erfolgreich, Jug erreichte eine Ausbeute von 43% (3/7), Split von 40% (4/10).   Mit diesem Erfolg von Jug Dubrovnik kehrt eine Traditionsmannschaft auf die grosse europäische Wasserballbühne zurück. In der gemeinsamen jugoslawischen Geschichte steht Jug aus der dalmatinischen Hafenstadt im Süden des Landes als Rekordmeister vor Partizan Belgrad und Mladost Zagreb in den Annalen. Von 1925 bis 1937 allein fielen 13 Titel in Serie an Jug, was wörtlich übersetzt "Süd" heisst. Neben der letzten Meisterschaft vor den Wirren des 2.Weltkrieges im Jahr 1940 gab es dann noch 3 Titel in Folge von 1949 bis 1951 für Jug Dubrovnik. Danach musste Jug fast drei Jahrzehnte lang Mannschaften aus Split (Mornar und Jadran), Belgrad und Zagreb den Vortritt in der Meisterschaft lassen.   Fast zeitgleich mit dem Eintritt der Wasserfreunde Spandau 04 in das Rampenlicht des Europapokals der Landesmeister tauchte auch Jug Dubrovnik wieder auf. Von 1980 bis 1985 (mit einer Ausnahme von 1984) gelangen 5 Meisterschaften in Folge. Denkwürdig bleibt dabei das Jahr 1980 mit dem Europacup-Gewinn von Jug in heimischer Umgebung. In einer Hotel-Schwimmhalle in Kupari empfing Jug im Endrunden-Turnier  WF Spandau 04, Vasas Budapest und Ethnikos Piräus. Spandau besiegte Jug dabei im Auftaktspiel 6:4 und glaubte sich schon dem Titel ganz nahe. Doch am Tag darauf wurde der Deutsche Meister von Vasas Budapest mit 8:2 regelrecht vorgeführt. Ein fanatisches Publikum wollte Revanche und peitschte die Ungarn zum Sieg. Die dicht bis an den Beckenrand stehenden Zuschauer liessen den Schiedsrichtern kaum Luft zum Atmen und beeinflussten in hohem Masse ihre Entscheidungen. Doch der Triumph von Vasas Budapest war ein Pyrrhussieg und nur Mittel zum Zweck. Tags darauf erging es den Ungarn im Spiel gegen Jug nicht anders als den Spandauern am Vortag. Nun wurden sie in einer entfesselten Partie von Jug 8:2 bezwungen. Als zusammengezählt wurde, lagen Jug und Spandau mit 4:2 Punkten vorn, Spandau aber hatte eine negative Tordifferenz. So wurde Jug vor Spandau Europacupsieger.   Trotzdem gab es immer ein herzliches Verhältnis zwischen den beiden Vereinen. Das fand seinen Ausdruck im Alfred-Balen-Gedächtnisturnier, das seit 1988 gespielt wurde. Nach dem Tode des Spandauer Trainers Alfred Balen, eines gebürtigen Jugoslawen aus Kroatien, trafen sich alljährlich vier führende Mannschaften Europas zu einem Turnier: WF Spandau 04, ZSKA Moskau, Jug Dubrovnik und Tungsram Budapest. Der Spielort sollte ständig wechseln. Nach Berlin (1988), Budapest (1989) und Moskau (1990) war 1991 Dubrovnik an der Reihe. Aber die Umwälzungen in Europa liessen es nicht mehr zu dieser Austragung kommen. Dubrovnik, die Perle der Adria, lag im Bürgerkrieg unter Beschuss. Auch die Auflösung der Sowjetunion brachte schwere Verwerfungen in der Vereinsstruktur der Armee-Mannschaft von ZSKA Moskau. Spandau hatte mit Uwe Gassmann in kurzer Folge seinen zweiten Trainer durch den Tod verloren und befand sich im Umbruch. Und letztlich wurden auch die Ungarn von einer Welle der wirtschaftlichen Veränderungen geschüttelt. Amerikaner kauften die Glühbirnen-Firma Tungsram auf und setzten das wasserballorientierte Direktorium an die Luft.  
Nun steht Jug Dubrovnik wieder im Rampenlicht in Europa und zählt zu den Favoriten der nächsten Champions League. Splitska Banka wird im Pokalsieger-Cup starten, während für den entthronten Meister Mladost Zagreb die Saison eine grosse Enttäuschung brachte. Zum ersten Mal seit der Selbständigkeit Kroatiens im Jahr 1991 steht dieser Traditionsclub ohne Meisterschaft und Pokalsieg mit leeren Händen da. Zusammen mit Primorje Rijeka wird Zagreb um die LEN-Trophy antreten.

Die letzten Ergebnisse der Meisterschaft 2000:
Playoff-Halbfinale:
Splitska Banka - Primorje Rijeka   16:5,  9:10 (in Rijeka) und 14:11 Jug Dubrovnik - Mladost Zagreb   11:13, 11:9 (in Zagreb) und 12:11
Playoff-Finale: Splitska Banka - Jug Dubrovnik   9:9 ( 1:2,3:1,3:2,2:4) Jug Dubrovnik - Splitska Banka  12:6 (4:4,2:0,3:1,3:1)  

Jug Dubrovnik, Kroatischer Meister 2000: Volarevic, Vranjes (1), Pecotic, Rilovic, Krzic (1), Smodlaka (1), Medan, Ivanis (2), Boskovic (5), Dr. Molnar (1), Ivekovic, Fatovic (1), Karac, Balic. Trainer: Veselin Djuho.

Splitska Banka, Vizemeister 2000: Skolnekovic und Trogrlic; Djogas (1), Trumbic, Burburan, Polacik (1), Saric (1), Nagy, Vegar, Barac (1), Kunac, Letica, Oreb, Vrdoljak (2). Trainer: Dragan Matutinovic.  

Kontaktadresse: Dr.Günter Schwill, e-mail: schwill@intercom.es

(copyright: Dr.Günter Schwill 19.06.2000)


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