50 Jahre Wasserball in Lehrte


VON WOLFGANG PHILIPPS

Viele wasserballspielende Klubs in Deutschland besitzen eine lange Tradition im ältesten olympische Mannschaftssport. Mit dem Lehrter Sport-Verein (LSV) kann 1999 ein niedersächsischer Klub auf ein 50-jähriges Engagement im Ball- und Mannschaftsspiel der Schwimmer verweisen. Spieler und Mannschaften sind sogar bis in die jüngste Vergangenheit "das" Aushängeschild der Kleinstadt vor den Toren Hannovers im überregionalen Mannschaftssport gewesen.

Als nach Kriegsende die Schwimmsparte des Lehrter SV ihren Übungsbetrieb wieder aufnahm, war es für die LSV-Verantwortlichen von Beginn selbstverständlich, dass sich die Aktiven ohne eine Spezialisierung ebenso dem Ball- und Mannschaftsspiel der Schwimmer widmeten, wenngleich dieses anfangs nicht ganz einfach so war. Am 29. Juni 1949 ließ der neue 1. Vorsitzende des Lehrter SV, Will Troß, einem Vereinsmitglied folgendes Schreiben zukommen: "Soviel mir bekannt ist, sind Sie immer noch im Besitz des vereinseigenen Wasserballes. (...) Wenn aber die Wasserballspiele im Interesse des Vereines durchgeführt werden sollen, ist es unbedingt erforderlich, dass wir nunmehr schnellstens in den Besitz des Balles kommen."

Besagte Schwierigkeit konnte den Wasserballsport in der Eisenbahnerstadt aber ebenso wenig stoppen wie anfängliche Pleiten in der damaligen Kreisliga gegen die TSV Burgdorf sowie SuS Sehnde I und II. Als erster von zahlreichen Titeln konnte 1952 die Bezirksmeisterschaft geholt werden, und unter seinem langjährigen Trainer "Fritze" Koch wurde der Lehrter SV über lange Jahre der führende Verein im damaligen Bezirk Lüneburg/Heide. Heute kaum glaublich: Die Landesmeisterschaft 1953 wurde in Lehrte vor 3000 Zuschauer ausgespielt.

Höhepunkte der 60-er Jahre waren die Wettbewerbe für "Vereine ohne Winterbad" (VoW), die parallel zu den normalen Rundenspielen von Klubs ausgetragen wurden, die in ihrer Gemeinde keine Schwimmhalle hatten. Hier gehörten die LSV-Wasserballer in den 60er Jahren zu den besten Teams in Deutschland. "1967 in Misburg haben wir die deutsche Meisterschaft nur auf Grund des schlechteren Torverhältnisses verpasst", erinnert sich der frühere LSV-Torjäger Hartmut Wattenberg noch gut an viele Höhepunkte der Lehrter Wasserball-Geschichte. "1970 gab es sogar einen Empfang im Renaissance-Saal des Wolfenbütteler Schlosses", schwärmt der 50-jährige noch heute von den Rahmenbedingungen der VoW-Veranstaltungen.

Die Bedingungen waren aber langezeit äusserst spartanisch. Gespielt wurde bis Ende der 60-er Jahre nur mit einer einzigen Mannschaft von Mai bis September in unbeheizten Freibädern, deren Wassertemperatur analog zur Witterung stark schwankte. "Wir haben oft genug bei weniger als 16 Grad Wassertemperatur gespielt", weiss Hartmut Wattenberg noch gut von Bedingungen zu berichten, die heute niemanden mehr für die Sportart begeistern würden. Einziges Wintertraining waren die Hinrunden-Punktspiele in der Landesliga.

Als Spielobjekt mussten anstelle der griffigen Kunststoffbälle bis Ende der 60-er Jahre rote Lederbälle herhalten, die sich damals von Fußbällen nur unwesentlich unterschieden. "Die Bälle mussten vor und nach dem Spiel jeweils eingefettet werden, und im Wasser waren sie nach wenigen Minuten hart wie Kanonenkugeln", erinnert sich der frühere LSV-Leistungsträger Manfred Geisler (49) noch gut an das damalige Sportgerät, das vor allem den Torhütern schmerzhafte Erinnerungen an so manches Spiel bereitete.

Aus dem Spiel einer Mannschaft während des Sommers ist seit den 70-er Jahren allerdings ein ausgeprägter Ganzjahressport geworden. Die Eröffnung des Lehrter Hallenbades im Dezember 1975 verschaffte den LSV-Mannschaften dann auch eine Wettkampf- und Übungsstätte für die langen Wintermonate. Seit 1967 wird in der LSV-Sparte auch systematisch Jugendarbeit betrieben, die der mitgliederstärkste Sportverein des Landkreises Hannover in der Zukunft durch die Zusammenarbeit mit Lehrter Schulen ausgebaut werden soll.

Im Herrenbereich konnte mit der Teilnahme im DSV-Pokal 1997 wieder ein absolutes Highlight verzeichnet werden, doch nach dem Abstieg aus der Oberliga und zahlreichen Abwanderungen ist hier in jüngster Vergangenheit ein deutlicher Rückschritt zu verzeichnen gewesen. In der vor Tür stehenden Spielzeit 1999/2000 kämpft die "Erste" in der Verbandsliga Niedersachsen um Punkte, und mit fünf spielenden Mannschaften überregional bekannte Klub immer noch zu den grösseren Vereinen in Niedersachsen.

(22.09.1999)


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