Wasserball

Klausuren statt Tore
Waspo-Star Marc Politze nicht zur WM nach Japan

Da jubelt Marc Politze (Waspo Hannover) noch.
Zur WM nach Japan geht es für ihn nicht.


VON JENS WITTE

Marc Politze (23) vom Wasserball-Vizemeister Waspo Hannover-Linden steht nicht im Kader der deutschen Wasserball-Nationalmannschaft für die Weltmeisterschaft, die vom 19. bis 29. Juli im japanischen Fukuoka stattfinden wird. Nicht etwa eine Verletzung oder schwache Leistungen verhindern die Teilnahme, sondern die Prüfungskommission der Universität Hannover machte den Start des für Bundestrainer Hagen Stamm so wichtigen Spielers unmöglich.

Für Bundesliga-Torschützenkönig Marc Politze ist der WM-Traum ausgeträumt.
Der Antrag von Politze, immerhin Bundesliga-Torschützenkönig und erfolgreichster deutscher Werfer bei der Europameisterschaft vergangenen Monat in Budapest, an die Kommission, seine im Juli anstehenden Vordiplom-Prüfungen Wirtschaftswissenschaften vom Juli im September nachholen zu können, wurde abgelehnt. Die Professoren berufen sich auf die Prüfungsordnung, die keine Ausnahmen zulasse. Sie befürchteten eine Flut von Anträgen, wenn sie Politze dieses Sonderrecht eingeräumt hätten.

Als Sportler einer Randsportart, mit der in Deutschland kein Geld zu verdienen ist, mußte sich der blonde Modellathlet gegen die Welttitelkämpfe in Japan entscheiden. "Noch ein Semester kann ich nicht verschenken", so Politze, der schon für die verpatzte Olympiaqualifikation im vergangenen letzten Jahr zahlreiche Opfer im Studium erbracht hatte.

Für seinen Vereinstrainer Bernd Seidensticker ist das "ein Skandal ohne Gleichen". Der Waspo-Coach hatte bereits vergangenen Monat nach dem verpaßten deutschen Meistertite in einem Interview in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) viel Staub aufgewirbelt und sieht sich in seiner Kritik zu Beginn des vergangenen Monats bestätigt. "Ich habe für meine Schelte am Landessportbund und der Sportförderung in Hannover viel Kritik von offizieller Seite einstecken müssen", so Seidensticker. "Zuspruch kam allerdings aus zahlreichen anderen Sportarten", fährt der 41jährige fort. "Was nützt die ganze Förderung im Olympiastützpunkt Hannover mit den hervorragenden Bedingungen, wenn sie sich nicht an die Belange der Leistungssportler ausrichtet“.

Politzes Absage setzt der ganzen Problematik nun aber die Krone auf. Mehr "Kundennähe" verlangt der selbständige und um klare Worte nie verlegene Geschäftsmann, der seinem Unmut freien Lauf ließ: „Daß die vier Professoren mit ihrem fürstlichen Gehalt im September nicht arbeiten wollen, halte ich schlichtweg für einen Skandal“, sagte Seidensticker jetzt gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. „Diese Entscheidung von einigen Provinzfürsten wirft meine gesamte Planung über den Haufen“, sagt Bundestrainer Hagen Stamm, der am Wochenende nun ohne Politze zum Vorbereitungsturnier nach Rijeka (Kroatien) gefahren ist.
Für Marc Politze bleibt keine Zeit der Trauer und Bitternis. Seine volle Konzentration gilt den anstehenden Klausuren. Die nächste Chance auf eine Teilnahme an einer Weltmeisterschaft hat Politze erst wieder 2003 in Barcelona. Der Grundstein hierfür wird allerdings schon mit einem erfolgreichen Abschneiden in Japan gelegt. Ohne den vielseitig verwendbaren Politze droht der DSV-Auswahl im Land der aufgehenden Sonne bei dem 180.000 DM teuren Unternehmen der Untergang.
"Ohne dich brauchen wir gar nicht erst zur Weltmeisterschaft nach Japan zu fliegen", beschreibt Politze mit einem Zitat von Hagen Stamm das Dilemma des Bundestrainers, der in Fukuoka mit Platz acht die Qualifikation für das erlesene Teilnehmerfeld des Weltcups 2002 in Jugoslawien und die Rückkehr in die höchste Förderstufe schaffen wollte - was nun vielleicht nicht an den Gegnern, sondern an der Prüfungskommission der Universität Hannover scheitern könnte

(02. Juli 2001)


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