Wenn die Pampers-Liga in Aktion tritt, ist die Taktik außen vor
Feuchte Suche nach Ball und Mitspieler

 

VON JENS HAUSCHKE - HANNOVER/LEHRTE.

Clemens Lorenz ist ein geduldiger Mensch. Vor dem Spiel der jüngsten Wasserballspieler der SpVg Laatzen beim FC Lehrte schart er seine Jungen und Mädchen im Lehrter Hallenbad um sich. Auf einem großen Zettel hat er mit einem Stift die Aufstellung und Taktik aufgekritzelt. Nun versucht er, mit einer nahezu störrischen Ruhe dem acht bis zwölf Jahre alten Nachwuchs die Marschrichtung für die nächsten vier mal vier Minuten mitzugeben. Wohlwissend, daß es sowieso keinen Sinn hat. Wenn die Kinder erst einmal im Wasser sind, ist nämlich alles vergessen. Dann wird nach Herzenslust geplanscht und mit viel Einsatz um den gelben Kunststoffball gekämpft - aber für Taktik, für Stellungsspiel im Wasser ist da oftmals kein Platz mehr.
Wolfgang Philipps, Trainer vom Lehrter SV hat die gleichen Probleme. Es ist nämlich viel spannender einen Mannschaftskameraden ins Wasser zu schubsen statt den Worten von Philipps zu folgen. Also wird am Beckenrand herumgetollt - und das, obwohl der Anpfiff naht.
Für die Zuschauer sind die Spiele der Mini-D-Jugend eine Riesenspaß, für die Trainer oftmals nicht. ,,Zwar bedarf es keines Rettungsrings", sagt Phillips, ,,aber Karte und Kompaß wären manchmal nicht schlecht, da die Kinder oft auf der Suche nach dem Ball oder den Mitspielern sind." Kein Wunder: Das Becken ist genauso lang wie bei den Erwachsenen, das Tor genauso groß und der Ball nur ein wenig kleiner ,,Es ist kein Geld da, um für die wenigen Punktspiele eine spezielle Ausrüstung anzuschaffen", sagt Phillps. Derweil möchte Stephan Seus, sein jüngster Spieler, gerade wissen, warum seine Mannschaft in der Pampers-Liga spielt. ,,So lange ich euch die Badekappen zubinden muß, seid ihr die Pampers-Liga", sagt Phllipps zu dem Achtjährigen. Der nimmt das erst einmal so hin. Zwar stimmt es, daß er die Kappe mit den Ohrenschützern nicht alleine auf dem Kopf befestigen kann - aber Pampers trägt er schon lange nicht mehr. Aber eigentlich hat er ganz andere Sorgen. ,,So eine richtige Spielposition in der Mannschaft habe ich nämlich noch nicht", sagt der Steppke, ,,und Tore habe ich bisher erst im Training geworfen." Das ist auch nicht so einfach. ,,Es müssen mit Kraulschwimmen und Balltechnik zwei Bewegungen koordiniert werden", sagt Philipps.
Aber es macht Spaß. Und noch mehr Spaß macht es zu gewinnen. Damit möglichst viele Tore fallen, wird ein Vorprogramm im Schwimmen und Werfen absolviert. Wer im Schwimmduell die Nase vorn hat, bekommt ein Tor für seine Mannschaft gutgeschrieben. Wer einen Viermeter verwandelt, bekommt diesen ebenfalls für sein Team angerechnet.

Danach springen vier Akteure und ein Torwart pro Mannschaft ins Wasser - manchmal auch einer mehr oder weniger. Nach einem Wechsel kommt es schon vor, daß der Schiedsrichter das Spiel unterbrechen muß, weil im Team nicht vier
Feldspieler im warmen Naß hat. Die Trainer schauen sich das entweder ruhig (Clemens Lorenz) oder laut (Wolfgang Philipps) vom Beckenrand an. Diesmal hat Laatzen mit 23:9 klar gewonnen.
Und nächste Woche wird Lorenz wieder seinen Zettel rausholen und mit einem Stift Taktik und Aufstellung markieren. Schließlich hat er damit Erfolg gehabt. Ob nun einer von seinen Nachwuchsspielern zugehört hat oder auch nicht.

(Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung 21. Januar '98)

 

Pampers-Liga im Überblick

Die als Pampers-Liga bezeichnete Mini-D-Jugend besteht im Gegensatz zu den anderen Altersklassen nur aus vier statt sechs Feldspielern. Eingeführt wurde die D-Jugend-Klasse nicht vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV), sondern im Bezirk Hannover. Bundesweit gibt es keine Punktspiele in dieser Klasse. Der Bezirk Hannover richtet diese Begegnungen eigenständig aus. Außer dem Lehrter SV und der SpVg Laatzen nehmen noch Waspo Linden, Hellas Hildesheim, der Wolfenbütteler SV Stadtoldendorf an dieser Runde teil. Die Spieler sind acht bis zwölf Jahre alt, Jungen und Mädchen spielen gemeinsam in einer Mannschaft. Ein Spielviertel dauert vier Minuten. Mit der Einführung der D-Jugend soll anderen Sportarten, die ebenfalls für Kinder attraktiv sind, Konkurrenz gemacht werden, um auf diese Weise Nachwuchsprobleme in dieser Sportart zu bekämpfen

Mini-D-Jugend (15k)

Ein Netz voller Wasserballer: Die Traditionsvereine SpVg Laatzen und Lehrter SV setzen auf Nachwuchs
Foto: zur Nieden


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