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Trostworte zur verpassten Olympia-Qualifikation  

Erinnerungen an die Olympische Flamme
Wie die Politik Träume zerstören kann  


VON DR. GÜNTER SCHWILL


Während die Olympische Flamme, nach alter Tradition in Griechenland entzündet, vor einigen Tagen ihren langen Weg nach Australien begonnen hat, kämpfte die deutsche Wasserball-Nationalmannschaft beim Qualifikationsturnier in Hannover vergeblich um einen Platz für Sydney. Diesmal scheiterte Deutschland an den sportlichen Hürden, vor 20 Jahren hatte die Politik ihre Hand im Spiel. An ein eindrucksvolles Erlebnis in jener Zeit, als sich die Athleten an einem Tiefpunkt befanden, sei hier erinnert.

Im Juni 1980 hielt sich die deutsche Nationalmannschaft zu einem Acht-Nationen-Turnier im griechischen Patras im Nordwesten des Peloponnes auf. Eines der letzten olympischen Vorbereitungsturniere hatte es sein sollen, doch der im Mai desselben Jahres ausgesprochene Olympia-Boykott einiger westlicher Länder (USA; Kanada, Bundesrepublik) gegen die Sowjetunion wegen ihres Krieges in Afghanistan machte alle Pläne zunichte. Moskau als Ausrichter der olympischen Sommerspiele 1980 sollte abgestraft werden, doch getroffen wurden hauptsächlich die eigenen Sportler. Sie fühlten sich um ihr olympisches Erlebnis betrogen.

Nun sass man des Abends locker am Strand, der zum Golf von Korinth gehörte, ass wohlschmeckende Souflaki und trank den köstlichen Retsina, den geharzten griechischen Weisswein. Als Beobachter ihrer fünf Schützlinge Peter Röhle, Hagen Stamm, Roland Freund, Frank Otto und Thomas Loebb waren vom neuen Meister Spandau Alfred Balen und Günter Schwill aus Berlin eingetroffen. Mit Wasserballwart Bodo Hollemann, Teamchef Manfred Haas und Schiedsrichter Jürgen Blan fand sich schnell ein ergiebiger Gesprächskreis. Zahlreiche Spieler stärkten und labten sich gern in dieser Runde, in der es Essen und Trinken ohne Ende zu geben schien. Das Sportjahr 1980 konnte ohnehin abgehakt werden.

"Morgen wird im heiligen Hain von Olympia die Flamme entzündet. Wir sollten uns diese eindrucksvolle Zeremonie nicht entgehen lassen", erinnert sich der Verfasser dieser Zeilen an seine Empfehlung. Doch alles, was mit Olympia zusammenhing, war für die meisten Athleten zum Reizwort geworden, nur zu verständlich nach dem verhängten Boykott durch die Hohe Politik. Doch Dr. Schwill insistierte, schilderte die Tradition der antiken Spiele und ihre Wiederbelebung durch Baron Coubertin. "Sein Herz ruht dort, wo schon vor gut zweieinhalb Jahrtausenden unsere Sportbewegung begann."
Am nächsten Morgen charterten unsere griechischen Freunde einen Bus für die Deutschen und in gut einer Stunde waren die etwa 100 km nach Süden durch die Landschaft Elis zum antiken Olympia zurückgelegt. Was die Ankömmlinge erwartete, war überwältigend. Wie ein riesiges Freilichttheater lag die antike Stätte vor den Augen der Spieler. Der Hügel, von dem sie herabschauten, umrahmte die traditionsreiche Weihestätte, dicht bestanden von neugierigen und erwartungsfrohen Zuschauern.

Akustische Signale, die von Holzbläsern zu kommen schienen, eröffneten die Zeremonie. Im Gewand klassischer Priesterinnen zelebrierten Athener Schauspielerinnen einen antiken Gottesdienst, der dem Zeus und seinen olympischen Gottheiten geweiht war. Als Höhepunkt der Feier vollzog sich die Entzündung des heiligen Feuers, ein Zeichen des Friedens, das bis zum Ende der im Vier-Jahres-Rhythmus ausgetragenen Wettkämpfe brennen sollte. Die in einem Hohlspiegel entzündete Fackel wurde feierlich zur Tempelstätte getragen. Mit ihr wurde das Feuer in eine mit Olivenöl gefüllte Amphora zur Bewahrung der Flamme gebracht.
Kurz darauf machte sich der erste Fackelläufer, mit priesterlicher Weihe versehen, auf den Weg, um das Feuer an seinen Bestimmungsort zu bringen. Jeder Läufer einer langen Staffette hatte 1000 Meter zurückzulegen, die Flamme seiner Fackel entzündete die des nächsten Läufers. Der Lauf führte nach Patras, entlang dem Golf von Korinth, dort über den Kanal Richtung Athen. Über Mazedonien und Bulgarien ging der weitere Weg nach Moskau.

Als der Startläufer mit der olympischen Flamme hinter den Hängen des Alpheios entschwand, hatten die Spieler ein bewegendes Schauspiel erlebt. Es war ein kleiner Trost für die ihnen entgangenen Olympischen Spiele. Die Würzburger Brüder Horst und Günter Kilian sowie der Esslinger Jürgen Stiefel, durch Mexiko, München und Montreal bereits olympiaerfahren, kreuzten beim Abgang meinen Weg. Sie alle waren beeindruckt, ihr Dank war ehrlich. Olympia blieb ein Traum!

copyright by Dr. Günter Schwill, 13.5.2000

 


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