Italien


Das Ende einer italienischen Wasserballära
Ausverkauf bei Pescara


VON DR. GÜNTER SCHWILL


Bei Pescara, einem stolzen Flaggschiff der italienischen Wasserball-Liga, gehen die Lichter aus. Ein regelrechter "Ausverkauf" an Nationalspielern bringt den italienischen Doppelmeister der Jahre 1997 und 1998 an den Rand des Ruins.

Es verlassen den Verein:
1. Torwart Francesco Attolico, Senior mit 36 Jahren, Olympiasieger 92, Weltmeister 94, Europameister 93 und 95. Sein Ziel: Universo Bologna.
Vorläufig bleibt Attolico die Nummer 1 in Italien. Erst am Dienstag hatte er grossen Anteil am starken Abwehrblock im Länderspiel gegen Kroatien beim10:6 (5:1,2:2,3:2,0:1) in San Marino.

2. Roberto Calcaterra (27), der ältere der beiden Brüder, geht für die kommende Spielzeit zu RN Florenz, dem diesjährigen Meisterschaftsdritten. Bruder Alessandro (24), wegen seiner bulligen Statur auch "Tyson" genannt, hat sich noch nicht entschieden.
3. Mit Enrico Mammarella (26) verlässt ein dritter aktueller Nationalspieler die Adriaküste. Sein Ziel: Posillipo am Golf von Neapel.

Die drei Ausländer bei Pescara zieht es nach Spanien:
1. Manuel Estiarte (37) kehrt in seine Heimat zurück. Ausschlaggebend ist die bessere Verfügbarkeit für die spanische Nationalmannschaft, der er bis einschliesslich Sydney (seinen 6. Olympischen Spielen!) zur Verfügung steht. Er wird bei CN Catalunya spielen, wo er bereits die Saison vor den Olympischen Spielen von Barcelona verbrachte.
2. Mit dem Holländer Harry van der Meer (26) bringt Estiarte für Catalunya eine gewaltige Verstärkung mit.
3. Der Serbe Petar Trbojevic hat noch keinen festen Verein.

Der Aderlass ist immer noch nicht vollständig:
Alessandro Bovo (30) und Amadeo Pomilio (32) verhandeln mit Recco bzw. Ina Roma.

"Il Messagiero", die überregionale italienische Tageszeitung, schrieb am 4.August von einem "tiefen Koma" bei Pescara und teilte mit, dass der Manager Gabriele Pomilio den Rückzug des Vereins aus der 1.Liga ankündigen wird. Die sportlich erworbene Berechtigung, am LEN-Pokal teilzunehmen, dürfte damit auch aufgegeben werden.

Die ganze verflossene Saison stand unter einem unglücklichen Stern. Als Titelträger wurde Pescara von der Konkurrenz, besonders von Rom und Posillipo, gejagt. Ein frühes Ausscheiden im Europacup enttäuschte die Geldgeber, die Pescara selbstverständlich in der Champions League erwartet hatten. Als dann Manuel Estiarte wegen einer Operation an der Wurfhand für gut 3 Monate ausfiel, war an einen Spitzenplatz im Meisterschaftsrennen nicht mehr zu denken. Im Finale in Rom, nach neuem, umstrittenen Modus im "Final Four" ausgetragen, wurde Pescara im Halbfinale vom Erzrivalen Posillipo 9:3 deklassiert. Auch das Spiel um Platz 3 ging verloren. Gegen Florenz hieß es nach Verlängerung und Golden Goal 9:8, Pescara musste mit Platz 4 vorlieb nehmen, die schlechteste Plazierung seit Mitte der Achtziger Jahre. Noch vor laufender Kamera kündigte der serbische Trainer Ljubisa Meckic seinen Rücktritt an. Das war der Anfang vom Ende einer Ära, die ganz grosse Erfolge umfasste:

3 italienische Meisterschaften ("lo scudetto").
5 italienische Pokalsiege
1 Europacup der Landesmeister (1987)
3 Europacups bei den Pokalsiegern
1 LEN-Trophy
2 LEN-Supercups.

(04.08.1999)


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