Rene Reimmann

Der Kapitän verlässt Deutschland René Reimann wechselt nach Spanien

Spielertransfer  


VON DR. GÜNTER SCHWILL


Kurz vor Ende des Wechseltermins in Deutschland erfolgt mit René Reimann, dem Kapitän der Deutschen Wasserball-Nationalmannschaft, ein spektakulärer Wechsel ins Ausland. Der 33jährige Spielmacher von Rote Erde Hamm verlässt nach siebenjähriger Zugehörigkeit zum westfälischen Traditionsclub Deutschland und wechselt in die Liga des amtierenden Weltmeisters und Olympiasiegers Spanien zum Club CN Martiánez auf Teneriffa.   Dieser Verein auf den Kanarischen Inseln ist mittlerweile zu einem Sammelbecken für deutsche Nationalspieler geworden. In der Spielzeit 1996/97 kam Uwe Sterzik, der derzeitige Wasserball-Bundestrainer. Dann folgte der Deutsch-Kroate Davor Erjavec (Mladost Zagreb/WF Spandau 04), der jetzt im dritten Jahr bei CN Martiánez unter Vertrag steht. René Reimann hat einen Zweijahresvertrag abgeschlossen mit einer Option auf weitere zwei Jahre. "Bis zu den Olympischen Spielen in Athen" sieht Reimann seine Perspektive. Sie ist am Beispiel des fast 39jährigen Manuel Estiarte, Kopf und Leistungsträger der spanischen Nationalmannschaft, der in Sydney seine sechsten Olympischen Spiele bestreiten wird, durchaus realistisch. So lange die Leistung stimmt, möchte Reimann in der Nationalmannschaft  spielen. Dafür jedoch muss er sich körperlich fit halten, was nur mit einer 100%igen Trainingsleistung möglich ist. Die Vollprofessionalität hilft dabei. Der Vertrag in Spanien erlaubt die Verlängerung der Karriere, in Deutschland wäre jetzt das Ende seiner 14 jährigen Nationalspielerära gekommen. Nach der verpassten Olympia-Qualifikation ist der Stellenwert der Sportart Wasserball in Deutschland wie der Aktienkurs eines kränkelnden Unternehmens in den Keller gegangen. "100 Stunden Fehlzeiten sind bei meiner Firma aufgelaufen. Kein Arbeitgeber sieht mehr die wochenlange Beurlaubung für den Nationalkader ein", beklagt Reimann die schwierige Situation in Deutschland. René Reimann, seit einer Woche mit seiner langjährigen Freundin Martina verheiratet, plant von Spanien aus weiterhin an den Massnahmen der deutschen Nationalmannschaft teilzunehmen. Die erste grosse Bewährung ist dabei im kommenden Frühjahr die Qualifikation für die Europameisterschaftsendrunde in Budapest.   Reimanns sportliche Vita René Reimann ist ein waschechter Berliner aus dem Norden der Hauptstadt. Unter seinem Vater Günter Reimann lernte er im SC Wedding das Wasserball-ABC. Schon als Jugendlicher wechselte er zum Renommierclub Wasserfreunde Spandau 04 und gehörte dort zum "Goldenen Jahrgang 1967" zusammen mit Carsten Kusch, Stefan Pollmann und Carsten Priefer. Unter den Trainern Uwe Gassmann und Alfred Balen wurde Reimann zum Weltklassespieler geformt. Mit 18 Jahren war er schon Deutscher Meister, Europacup- und Supercup-Gewinner. Diese Erfolge wiederholten sich im Folgejahr 1986. Schnell hatte René Reimann die Lücke ausgefüllt, die durch den Weggang Frank Ottos nach Italien entstanden war. Mit seinem "hammerharten" Schuss zählte Reimann wie Otto zu den gefährlichsten Rückraumschützen in Europa. Als 19jähriger wurde Reimann Junioren-Europameister, als 21jähriger nahm er an seinen ersten (von bisher drei) Olympischen Spielen teil und verpasste in Seoul mit Rang 4 knapp eine Medaille. Dafür holte er sich im Jahr darauf unter seinem Lieblingstrainer Uwe Gassmann die Europameisterschaft in Bonn. Gassmanns früher Tod (1991 während der Weltmeisterschaft in Perth) war für ihn ein schmerzlicher Verlust. Nie hätte er unter Uwe Gassmann seinen Stammverein WF Spandau 04 verlassen, mit dem er viele Jahre so erfolgreich war. Der Bruch kam 1992 in Barcelona während der Olympischen Spiele. Das grosse Geld lockte und führte ihn nach Wuppertal, ein Jahr später ging er zu Rote Erde Hamm. Gern wäre Reimann jetzt nach Spandau zurückgekehrt, Gespräche liefen, aber auch in diesem Spitzenclub sind die finanziellen Mittel begrenzt. Als Vollblut-Wasserballer hat René Reimann klare Vorstellungen.   Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft wird im Ausland geschätzt. Mit seinen 33 Jahren ist er topfit und zeigt eine professionelle Einstellung. So wurde er im Vorjahr auch als einziger Deutscher in die Weltauswahl nach Neapel berufen. Der Wechsel nach Spanien brachte sofort ein positives Echo. Nationaltrainer Juan Jané, der Goldmedaillengewinner von Atlanta, beglückwünschte Reimanns neuen Club CN Martiánez auf Teneriffa um diese namhafte Verstärkung, die günstige Auswirkungen auf die spanischen Meisterschaftsspiele haben werde. Torwart Rollan, der derzeit weltbeste Torwart, fragte spitzbübisch, ob Reimann über sein Auslandsengagement eine ähnliche Trainerkarriere vorhabe wie Uwe Sterzik. Wer weiß?  -  ¿Quién sabe?  

copyright by Dr. Günter Schwill, 13.August 2000