Dubravko Simenc: Durfte gegen Spandau nur zuschauen
Champions
League Von der Presse gefeiert-vom
Trainer gefeuert
Warum Kroatiens Superstar Dubravko Simenc gegen Spandau
fehlte
VON DR. GÜNTER SCHWILL
Spandaus taktisches Konzept musste kurzfristig geändert
werden, als Peter Röhle die Angriffsformation von
Mladost Zagreb sah. Der kroatische Superstar Dubravko
Simenc stand zu aller Überraschung nicht auf der
Spielerliste und kam im Champions-League-Spiel gegen
Spandau folglich nicht zum Einsatz. Was den Berlinern
zuerst als Vorteil erschien, erwies sich in der Folge als
überlegter Schachzug der Kroaten. Trainer Ozren Bonacic
hatte sich als echter Motivationskünstler erwiesen,
seinen Star Simenc einfach suspendiert und mit diesem
Exempel sein Team zur Bestleistung herausgefordert.
Das war auch nötig, denn die Stimmung bei Mladost war
auf dem Tiefpunkt. Ziemlich deutlich mit 6:9 war Zagreb
beim Auftaktspiel im jugoslawischen Becej gescheitert.
Der in die Jahre gekommene Superstar Dubravko Simenc (Jahrgang
1966) war nicht schnell und agressiv genug. Disziplin war
nie seine Stärke und vor allem aber hatte er Übergewicht,
10 kg und mehr. Zu diesen Sorgen des Trainers kam die
Nachricht, dass die Medien zur gleichen Zeit Simenc als
besten Spieler Kroatiens für das Jahr 1999 auszeichneten.
Bonacic wählte einen ungewöhnlichen Schritt. Er stellte
seinen Star kalt und bewies im Spiel gegen Spandau (8:3),
dass es auch ohne ihn ging.
Auf sein Glück aber wollte Bonacic nicht bauen. Zu
schwere Spiele stehen noch aus. Zunächst der Gang ins
ferne Wolgograd, dann zum Rückspiel nach Berlin, wo
sicherlich nicht noch einmal so leicht zu punkten sein
wird. So wurde kurzentschlossen ein Trainingslager in
Budapest vereinbart, wo als Sparringspartner der
ungarische Pokalsieger Honvéd zur Verfügung steht, der
gerade das Halbfinale im Cupsieger-Wettbewerb erreicht
hat. Dubravko Simenc durfte mitreisen. Es liege an ihm,
liess sich der Trainer vernehmen, ob er in Wolgograd und
Berlin eingesetzt wird.
Die kurze Strafaktion des Trainers dürfte sicherlich
ihre Wirkung zeigen. Als zu erfahren gilt der heute 34jährige
Simenc, dass Bonacic weiter an ihm vorbeigeht. Bereits
sehr früh in seiner Karriere wurde Dubravko Simenc 1988
in Seoul Olympiasieger, damals noch im Team Jugoslawiens.
Der glänzend gestarteten deutschen Mannschaft verdarb
Jugoslawien damals den Einzug ins Finale und konnte sich
dann selbst mit dem Titel schmücken. Dafür drehte
Deutschland im Jahr danach 1989 bei der
Europameisterschaft in Bonn den Spiess um und "versenkte"
den Favoriten Jugoslawien nach Verlängerung. Dieser
deutschen Mannschaft stand - leider viel zu kurz - ein
Vollblut-Trainer vor: Uwe Gassmann.
Wo Dubravko Simenc spielte, stellte sich der Erfolg ein.
So im Europacup-Finale 1989, wieder nach Verlängerung,
gegen Spandau. Auch im Jahr darauf fiel der Pokaltriumph
an Mladost Zagreb. Und Simenc liess sich auch 1991 nach
einem kurzen Gastspiel bei Jadran Split zum dritten Mal
in Folge als Europachampion feiern. Dann aber trafen den
Ausnahmeathleten die politischen Verwerfungen in seiner
Heimat sehr. In der Kriegszeit war an eine
Olympiateilnahme in Barcelona nicht zu denken. Wie viele
Serben und Kroaten zog es auch ihn nach Italien, wo er
zwei Jahre lang spielte. Sein Italien-Abenteuer lief von
1994 bis 1996. Im ersten Jahr spielte er bei Como, im
zweiten Jahr bei Pescara, zusammen mit Manuel Estiarte.
In jenem Jahr 1995/96 wurde Pescara im Finale von
Posillipo geschlagen, aber immerhin wurde Simenc
italienischer Vizemeister. In Atlanta 1996 stand er im
Olympiafinale Spanien-Kroatien seinem
Mannschaftskameraden Estiarte gegenüber. Gold für
Spanien, Silber für Kroatien. Im letzten Jahr bei
Europameisterschaft kam eine weitere silberne hinzu. Da
liegt es nahe, dass Sydney ebenfalls zu seinen Planungen
gehört, vielleicht diesmal sogar Gold für Kroatien.
In seinem Verein Mladost Zagreb gehört er auch zu den
Leistungsträgern. Die Champions League gewinnen, dieser
Titel fehlt Dubravko Simenc noch.
(17.02.2000)
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