Spandau
04 erreicht Champions League Wasserschlacht mit
Happyend Spandauer Wasserballer starteten mit 7:6-Sieg über
Wolgograd in die Champions League
Von Torsten Wendlandt
Berlin - Der feuchte Wind, der gestern um die
Schwimmhalle Schöneberg blies, war kaum mehr als ein
laues Lüftchen gegen den Sturm am Becken. Denn die
glorreichen Sieben der Wasserfreunde Spandau 04 kämpften
mit Wasserball-Stärke Zehn in ihrem ersten Champions-League-Auftritt
nach drei Jahren Elite-Abstinenz mit einer perfekten
Leistung Spartakus Wolgograd 7:6 (2:0, 1:2,1:2, 3:2)
nieder.
Von 600 Fans angetrieben, versetzte der 20-malige
Deutsche Rekordmeister und vierfache Europacup-Sieger den
bärenstarken Russen gleich im Startviertel einen Schock.
Nachdem Torwart Alexander Tchigir seinen Landsleuten mit
zwei, drei Paraden den Schneid abkaufte, hatte es durch
den hühnenhaften Center Thomas Schertwitis und Lasse
Noerbaek nach gut sechs Minuten schon zweimal im Russen-Kasten
eingeschlagen. Die Spandauer Taktik war somit klar: Überzahlsituationen
schaffen und eiskalt nutzen.
Das konnten die schnellen und international abgebrühten
Wolgograder Profis aber auch. Nach Ballverlusten fing
sich Spandau zwei Kontertreffer ein und nur der überragende
31-jährige Tchigir, der insgesamt ein halbes Dutzend Großchancen
vereitelte, verhinderte Schlimmeres. Ein Schertwitis-Knaller
ins linke Dreiangel nach herrlicher Kombination über
Noerbaek und Jens Pohlmann brachte schließlich eine 4:3-Führung.
Jetzt aber stellte Spartakus auf die gefürchtete
Pressdeckung um und bestrafte Fehlpässe der Berliner
gnadenlos. Doch die 5:4- und 6:5-Führungen der Russen
konnten Kapitän Patrick Weissinger und Noerbaek jeweils
im entscheidenden Schlussviertel ausgleichen. Eine
Portion Glück war auch dabei, als der immer nervöser
werdende Gegner einige Male nur Pfosten oder Latte traf.
Aber auch die Wasserfreunde hatten Pech, als Alleingänge
von Spielmacher Pohlmann und ihrem russischen Verteidiger
Alexander Elke fünf Minuten vor Schluss nicht von Erfolg
gekrönt waren.
Elke blieb es schließlich vorbehalten, den wichtigsten
Treffer des Tages zu versenken. Bei seinem 12-Meter-Aufsetzer
in der 26. Minute zeigte Spartakus-Torwart Tkatschenko
keinerlei Reaktion. 40 Sekunden vor dem Ende der denkwürdigen
Wasserschlacht drohte aber doch noch der Ausgleich und
somit die Verlängerung. Doch der großartige Tchigir
parierte auch noch einen Schuss des besten Russen Dima
Stratan aus drei Metern und der Triumph war in trockenen
Tüchern.
«Tchigir war Weltklasse. Ich habe ja gesagt, dass wir
den einen oder anderen Punkt holen», sah sich Trainer
Peter Röhle bestätigt. «Jetzt werden uns auch die
anderen Gruppengegner Becej und Zagreb für voll nehmen.
Spandau 04 ist dabei aus der Schattenwelt des deutschen
Wasserballs herauszutreten», analysierte der Coach
freudestrahlend.
Der Ex-Russe Schertwitis (115 kg/1,98 Meter), mit drei
Treffern bester Wasserfreunde-Kanonier (zwei Tore
Noerbaek, je eins Weissinger und Elke) meinte nur trocken:
«Im Wasser kenne ich keine Freunde oder ehemalige
Landsleute. Die Nachteile im technisch-taktischen Bereich
haben wir durch Charakter ausgeglichen.» Charakter
zeigten die Russen weniger: Sie sagten enttäuscht das
gemeinsame abendliche Bankett ab.
(Berliner
Morgenpost 30.01.2000)
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