SPORTPOLITIK/ Aufenthaltsgenehmigung nur noch bei mehr als 3000 Mark-Nettoverdienst

Ausländische Sportler zittern vor Neuregelung


Hannover (oto/kös/hau/fe). Im niedersächsischen Innenministerium haben aufgebrachte Vereinsvertreter bereits um Rat gefragt. "Viele kleine Klubs dürften jetzt ein echtes Problem haben" bestätigt Wolfgang Abura, der sich in der Behörde mit dem Ausländerrecht befasst. "Wir wissen, dass das Wirbel verursacht." Paragraf 5 des Ausländerrechts besagte bisher, dass Berufssportler ein für ihren Lebensunterhalt ausreichendes Gehalt beziehen müssen, um ein Sportvisum und damit eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Seit November 1999 liegt den Bezirksregierungen aber eine konkretere Auslegung des Gesetzes vor. Wer zukünftig als Berufssportler anerkannt werden will, muss einen monatlichen Nettoverdienst von mindestens 3000 Mark nachweisen (Verheiratete 4600 Mark).
Viele Vereine, die Sportler aus Nicht-EU-Staaten beschäftigen oder sich um solche bemühen, trifft diese Regelung hart. Weil sie die stattlichen Gehälter schriftlich garantieren müssten, und weil das auch steuerliche Probleme mit sich bringen würde. Fußball-Oberligist TSV Havelse, der bei einem Probetraining gerade Kicker aus Nigeria vorspielen ließ, musste von geplanten Neuverpflichtungen Abstand nehmen. "Spieler aus Afrika kann doch so keiner mehr bezahlen", sagt Trainer Frank Hartmann, Noch düsterer sieht es bei Arminia Hannover aus, nach der neuen Regelung stehen drei Fußballer des Regionalligisten vor der Abschiebung. Die Aufenthaltsgenehmigungen für den Albaner Skerdi Bejzade, den Ghanaer Joe Yankson und den Bulgaren Svetoslav Uvaliev laufen aus. Weil das Trio aber bei Amateurvereinen wie Arminia nicht 3000 Mark netto verdienen kann und die sportlichen Fertigkeiten für lukrativere Verträge wie bei Zweitligist Hannover 96 nicht ausreichen, droht das Karriereende in Deutschland. "Ich bin seit acht Jahren hier. Ich finde das unmöglich", sagt Bejzade, der rund 1500 Mark netto verdient. "Das ist ein Akt von Ausländerfeindlichkeit", findet Arminen-Manager Rüdiger Uphoff, "wir als Verein sind nicht rechtzeitig in Kenntnis gesetzt worden. Ich habe es durch einen Zufall erfahren."
Mit Regionalligist Göttingen 05 hat bereits ein Klub Verwaltungsklage gegen die neue Regelung eingereicht. Bei Arminia grübelt man, ob man nachzieht. Im Innenministerium sieht man sich dennoch auf dem richtigen Weg und strebt im Fall einer Niederlage eine Grundsatzentscheidung vor dem Oberverwaltungsgericht an. "Es geht hier auch um den Schutz der Person. Heute gibt es selbst in den Kreisklassen Berufssportler, die ein Gehalt bekommen, das auf dem Niveau der Sozialhilfe liegt", sagt Wolfgang Abura.
Wie viele ausländische Sportler wegen der neuen Regelung zittern, lässt sich nur schätzen. Betroffen sind nicht nur Fußballer, sondern Profis und hauptberufliche Trainer aller Sportarten.
Die Freien Schwimmer Hannover bangen um ihr Wasserball-Ass Constantin Ghitas aus Rumänien. "Mit Sozialabgaben müssten wir 5000 Mark zahlen. Das können wir uns aller Wahrscheinlichkeit nach, nicht leisten", sagt Klubchef Manfred Burgfeld.

Rolf Kiy, Manager des zukünftigen Handball-Erstligisten Germania List, bemüht sich gerade um neues Personal aus Osteuropa. "Das ist ein Ding. Unter diesen Umständen komme ich kaum an neue Spielerinnen."

Stichwort Sportvisum

VON CHRISTIAN OTTO

Sportler aus Staaten, die nicht der Europäischen Union angehören, dürfen in Deutschland mit Hilfe eines Sportvisums arbeiten. Der zuständige Landesverband, für Fußballer der Niedersächsische Fußballverband, prüft und bestätigt die Qualifikation des Sportlers oder Trainers und ermöglicht die Ausstellung eines Sportvisums. Das Dokument wird nach der Einreise in Deutschland in eine Aufenthaltsgenehmigung umgewandelt die so lange gilt wie der Sportler bei einem Verein unter Vertrag steht. Bisher kann ein Berufssportler, der keiner Nebentätigkeit nachgehen darf, laut Gesetz in der 1. Bundesliga oder auch in der 3. Kreisklasse arbeiten.

(Hannoversche Allgemeine Zeitung 08.04.2000)


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