Wenn zwei sich streiten, freut sich die Dritte
Sarstedt gewinnt gegen den HSV
SARSTEDT.
(jw). Das es in dem mit 8:7 (1:1, 1:3, 3:1, 3:2) vom TKJ Sarstedt gegen den
Hannoverschen Schwimmverein (HSV) gewonnenen Spitzenspiel in der
Frauen-Verbandsliga reichlich Zündstoff geben würde, stand bereits im
Vorfeld der Partie fest. Waren doch mit Sandra Knapp und Stephanie Dralle
zwei Spielerinnen der Gäste aus der Landeshauptstadt zu Beginn dieser Saison
nach Sarstedt gekommen.
Die jungen Hannoveranerinnen, die hauptsächlich noch im A-Juniorinnenalter
sind, ließen hauptsächlich Dralle spüren, dass sie deren Wechsel nervlich
noch nicht verarbeitet haben. So mutete nahezu grotesk an in welcher Form
von persönlichen Kleinkrieg sich ausgerechnet der vermeidliche Star des HSV,
Junioren-Nationalspielerin Carina Köhler, mit ihrer früheren
Mannschaftskameradin verstrickte. Statt ihren Kolleginnen in der Abwehr als
deren Chefin klare Anweisungen zu geben, kaprizierte sich Köhler darauf die
Neu-Sarstedterin körperlich vor allem aber verbal während der gesamten
Spielzeit zu attackieren. "Zum Glück hat sich weder Steffi noch der Rest der
Mannschaft von diesen allürenhaften Auftreten einschüchtern lassen", sagte
TKJ-Trainer Andreas Paul.
Tatsächlich schadete Köhler mit ihrem Privatduell den zuvor leicht
favorisierten Gästen mehr, als das sie jenen nutzte.
Denn abseits der von der HSV-Spielerin angezettelten persönlichen Fehde,
schwang sich die TKJ'lerin Melanie Watzlaw zur Matchwinnerin auf. Was im
Protokoll hinter ihrem Namen mit vier simplen Strichen, die Torerfolge
bedeuten, rein formal vermerkt wurde, spiegelt nicht annähernd die
Dramaturgie dieser Treffer wieder. "Ein Drehbuchautor hätte sich das kaum
besser ausdenken können", kommentierte TKJ-Wasserballwart Jens Witte die
jeweiligen Zeitpunkte der Glanztaten der 18-Jährigen. Hatte sie zunächst ihr
Team mit 1:0 in Führung gebracht, egalisierte sie im dritten Viertel den
2:4-Halbzeitrückstand und trieb das ganze auf die Spitze, als sie im
Schlußabschnitt aus einem 6:7 den kaum noch für möglich gehaltenen Sieg
machte. Löste ihr Ausgleich zum 7:7 zu Beginn der Schlußminute bereits
Jubelstürme auf der Trainerbank und bei den Sarstedter Fans aus, war ihr
Treffer zum Endstand, 11 Sekunden vor dem Abpfiff für ihren Coach das letzte
Signal seinem Temperament völlig freien Lauf zu lassen.
"Da ich keine freie Mitspielerin sah und wußte, dass es unser letzter
Angriff war, habe ich einfach drauf gehalten", beschrieb Watzlaw ganz
bescheiden dieses Tor, das für ihre Mannschaft im weiteren Saisonverlauf
noch Gold wert sein könnte. "Das war ein Sieg der Intuition über eine
Organisation, die alles für planbar hält", meinte Paul in seiner
Einschätzung.
Warum der Hildesheimer Juniorinnen-Nationaltrainer Jens Goldbaum bislang
einseitig auf Köhler setzt und an Watzlaw vorbei geht, obwohl diese aufgrund
ihres Zweistartrecht im vergangenen Sommer mit Bayer Uerdingen deutsche
A-Jugendmeisterin wurde, "dürfte dessen Geheimnis bleiben", so Paul. Und das
nicht erst nach Watzlaws Galavorstellung bei diesem Gipfeltreffen.
Für den TKJ Sarstedt spielten: Kerstin Lüdtke (Torwart), Kerstin Zirzow,
Melanie Watzlaw, Ines Hoffmann, Nadine Hennigs, Elvira Rehbein, Sandra
Knapp, Daniela Globke, Inga Faubel, Nina Tegtmeyer, Stephanie Dralle, Monika
Thomsen
Ihr nächstes Spiel bestreiten die TKJ-Frauen am 13. Januar beim RSV
Hannover.
(Sarstedter Anzeiger 19.12.1999) |