Centerverteidiger Lars Tomanek ist seit Jahren die wichtigste Persönlichkeit bei Wasserball-Bundesligist Waspo Linden. Mit 270 Länderspielen ist der 31jährige auch Rekord-internationaler seines Klubs. Mit großem Unbehagen hat er den Niedergang der Wasserball-Nationalmannschaft miterlebt.

,,Die Verantwortlichen haben viel versprochen und nichts gehalten"

Sie standen noch in der Mannschaft, die 1989 Europameister und 1990 WM-Fünfter wurde. Wie konnte es aus ihrer Sicht danach zu einem derartigen Niedergang in die Zweitklassigkeit kommen?

Der begann, als Karl-Heinz Scholten 1991 Bundestrainer wurde und entgegen seiner Ankündigung, das Team schrittweise zu verjüngen, die Alten, allen voran den Spandauer Hagen Stamm, zurückholte. Als anschließend der bereits wegdeligierte Nicolae Firoiu wieder auf den Chefsessel befördert wurde, kam es noch einmal zu einem kurzen Aufbäumen. Aber bei Olympia in Atlanta befanden sich schließlich mehr Trittbrettfahrer als echte Kämpfer im Kader. In all diesen Jahren wurde von den Verantwortlichen vieles versprochen und nichts gehalten.

Waren das schlechteste Abschneiden der Nationalmannschaft seit 71 Jahren und die damit verpaßte Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Perth in diesem Ausmaß vorhersehbar?

Wir rechneten uns eine Chance aus, Achter zu werden, aber mit diesem Team war das kaum möglich. Wir haben das Beste gegeben, jedoch hatten wir nur sechs Wochen Vorbereitungszeit - und das mit einem inkompetenten Trainer. Außerdem sind wir durch Wasserballwart Jens Uwe Hauser auf internationalem Parkett, wo beispielsweise bei Schiedsrichteransetzungen im Vorfeld kräftig gemauschelt wird, denkbar schlecht vertreten.

Noch einmal zum Trainer - schon im Mai gab es eine Sitzung in Hannover,auf der Spieler Firoius Ablösung durch Juniorencoach Andras Feher noch vor der EM forderten. Warum ist es dazu nicht gekommen?

Wir sind keine Rebellen. Dieses Treffen war ein Notsignal, das wir aussendeten, weil es trotz unserer Anregungen an die zuständigen Funktionäre weder zu personellen noch strukturellen Veränderungen kam. Hauser hat seit seinem Amtsantritt 1993 die Probleme nur ausgesessen. Die Machtkämpfe im Umfeld werden dazu leider stets auf unserem Rücken ausgetragen.

Sehen Sie denn einen Ausweg aus der Dauerkrise des deutschen Wasserballs?

Es bedarf zunächst einer Reform im Verband an Haupt und Gliedern. Dazu muß dringend ein flüssiges Konzept für die nächsten Jahre erarbeitet werden, damit wir eine Perspektive für Sydney 2000 haben. Das geht jedoch nur mit einem neuen Trainer und veränderungsbereiten Funktionären.

Was kann Ihr Verein dafür tun?

Wenn die seit zwei Jahren gut funktionierende Zusammenarbeit mit dem Olympiastützpunkt Hannover weiter vorangetrieben wird, bietet Waspo die besten Bedingungen, diesen zeitaufwendigen Leistungssport auch als Amateur betreiben zu können. Wird die konsequente Nachwuchsförderung noch verstärkt, könnte sich hier eine Wasserballhochburg herausbilden, die finanziell abgesichert wäre und von der dann eine echte Erneuerung auch der Nationalmannschaft ausginge.

Mit Lars Tomanek sprach HAZ-Mitarbeiter Gerd Kujath - (Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 29.8.97)


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