Wasserball: Junioren-WM in Kuwait

Die Absage-Eine einsame Entscheidung des DSV-Fachwartes

Reflektionen um Deutschlands Wasserball

VON DR. GÜNTER SCHWILL


DSV-Fachwart Ewald Voigt-Rademacher ist nicht zu beneiden. Er führt die Fachsparte Wasserball, die im Vergleich zu europäischen Nachbarländern sehr viel "Tiefgang" hat und dringend Auftrieb, sprich: Erfolge, benötigt. Wo ist anzusetzen?

Der wichtigste Schritt ist das Bestehen der EM-Qualifikation, um in diesem Jahr an der Europameisterschaft in Florenz teilnehmen zu können. Diese "Feuerprobe im Wasser" findet im nächsten Monat in Athen statt. Gegner sind Griechenland, Frankreich und das völlig unbekannte Moldawien. Ein erster oder zweiter Platz in diesem Turnier bringt Luft, weniger aber darf nicht erreicht werden, sonst ist, laut WSV-Wasserballwart Peter Kilz, "das Ende des deutschen Wasserballs gekommen".

Das hat eine Vorgeschichte:

Bei der WM 1994 in Rom ereignete sich im letzten Vorrundenspiel für den deutschen Wasserball eine folgenschwere Fehlentscheidung, unter der sich dieser Sport bisher nicht erholt hat: Der Ausschluß aus dem Kreis der acht weltbesten Mannschaften. Deutschland durfte seither nicht mehr an den Weltcups 1995 in Atlanta, 1997 in Athen und 1999 in Sydney teilnehmen.

Alle Anstrengungen laufen deshalb auf eine schlagkräftige EM-Formation hinaus, die besser sein soll als die vor zwei Jahren in Sevilla. Damals stimmte die Chemie zwischen Führung, Coach und Spielern nicht, wodurch die sportliche Qualifikation auch für die Weltmeisterschaft in Perth im vergangenen Jahr verpaßt wurde.

Inzwischen stehen neue Leute zur Verfügung, neu ist auch der Fachwart Voigt-Rademacher. Ob dessen jüngste Entscheidung geeignet ist, langfristig Perspektiven zu eröffnen, ist zweifelhaft. Er, der mit Deutschland an wichtigen Turnieren nicht mehr teilnehmen durfte, bekam jetzt von der FINA ein Freilos: Teilnahme der Deutschen Junioren-Mannschaft an der X. Weltmeisterschaft im Oktober 1999 in Kuwait.
Sportlich hatte sich Deutschland hierfür bei der Junioren-EM im letzten Jahr in Bratislava nicht qualifizieren können. Nur neun Europäer erreichten das Folgeturnier, die WM in diesem Jahr. Deutschland landete auf Platz 11.

Dabei wurde Deutschland von allen Seiten ein wieder hoffnungsvoller Nachwuchs bestätigt. Absagen jetzt aus dem Feld der 24 Nationen für Kuwait (u.a. auch die USA) hatten für Deutschland noch einmal "eine Tür geöffnet". Sie wurde bedauerlicherweise zugeschlagen.
Die Gründe wird der Fachwart sicherlich nachtragen. Bernd Seidensticker jedenfalls, Trainer der Junioren-Talentschmiede in Hannover, hätte den deutschen Nachwuchs gern in Kuwait spielen gesehen. Wann, wenn nicht bei einer WM, sollen Erfahrung und Begeisterung wachsen?

Ein anderes großes internationales Forum, die Universiade im Juli in Palma de Mallorca, wurde ebenfalls vom DSV für den Nachwuchs nicht genutzt. Die italienische Mannschaft, die auf der letzten Universiade vor zwei Jahren auf Sizilien das Turnier unter 16 Nationen gewann (auch dort war Deutschland nicht vertreten), hatte junge Spieler eingesetzt, die heute auf wichtigen Positionen in ihren Vereinen und teilweise bereits in der A-Nationalmannschaft spielen. So formt man Talente!

Für die einsame Entscheidung des DSV-Fachwartes bat Voigt-Rademacher im Kreis seiner "Mitstreiter" (wie Claus Bastian, der DSV-Wasserballchronist schrieb) nachträglich um Verständnis. Dabei setzte Bastian den Begriff "Mitstreiter" in Anführungszeichen. Ob darin das Geheimnis der Misere im deutschen Wasserball liegt?

(15.05.1999)


Absage: Junioren-WM in Kuwait ohne deutsche Mannschaft (VON CLAUS BASTIAN) Startseite News